My Side
  Baby I like
 

Baby I like the way you work that Body for me

You do it so sensationally

I like the way you’re teasing me

Girl I’d like to take you on a journey with me

I wanna be your fantasy

I wanna be your everything tonight





Ich war also wieder in der Band. Eine Woche später standen wir bereits am Chicago Airport und warteten auf unseren Flug, der uns direkt nach Berlin zurückbringen würde. Ich war irgendwie aufgeregt auf die Reaktionen, die dort entstehen würden, wenn alle erfuhren, dass ich wieder back to Germany war.

Nervös blickte ich mich um. Wo blieb sie denn nur? Sie hatte mir doch fest versprochen noch zu kommen und jetzt stand ich hier, wobei ich bereits seit einer geschlagenen halben Stunde auf sie wartete. Natürlich war von niemand anderen als Roxy die Rede. Sie meinte, sie müsste noch mit mir sprechen und mir etwas geben. Ich schaute auf die Uhr. Der Flug würde in zehn Minuten gehen und Roxy verspätete sich, das tat sie doch sonst nicht. Aufgebracht spielte ich an meinem Rosenkranz herum und zog unbeabsichtigt an Candras Leine, was sie offenbar auch nervös stimmte.
Die anderen hatte noch nicht einmal mitbekommen, dass ich etwas abseits von ihnen stand, was mich auch nicht sonderlich störte, denn so hatte ich die Gelegenheit alleine mit Roxy zu sprechen, ohne mir gleich wieder dumme Kommentare anhören zu müssen.
Immer noch schaute ich mich suchend über den Köpfen der Menge um. Es war auch gar nicht so einfach, Roxy hier zu erblicken, da die Wartehalle wirklich voll war, aber da sah ich sie auch schon. Lächelnd ging ich auf sie zu und begrüßte sie mit einer freundschaftlichen Umarmung. “Du wolltest mit mir reden?!“, setzte ich an und sah sie fragend an. Sie nickte nur, nahm meine Hand und ging mit mir einige Schritte weiter, damit die anderen nicht zufällig doch noch lange Ohren bekommen konnten, dann begann sie mit einem Thema, mit welchem ich nun wirklich nicht gerechnet hatte.
Meine Hand ließ sie währenddessen nicht los. Mit ihren meerblauen Augen sah sie mich an. Ich spürte, wie nervös sie war, ließ mich davon jedoch nicht beirren. Was hatte sie mir nur zu sagen? Ich wollte es unbedingt wissen, dennoch unterbrach ich die kurze Stille, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, zwischen uns nicht. Sie vergrub ihre Hand in ihrer Hosentaschen und schien nach etwas zu suchen, dann holte sie kurz darauf eine kleine Schachtel heraus, die sie mir hinhielt. Sie hatte ein kleines Lächeln aufgesetzt. “Ich wollte dir das hier geben“, begann sie und öffnete die aus Plastik gemachte Schachtel. Sie beinhaltete ein kleines goldenes Kreuz mit einem blauen Stein in ihrer Mitte. Ich hätte dieses Kreuz unter tausenden wiedererkannt. Mein Mund öffnete sich, doch nichts kam heraus. Ich konnte nicht glauben, dass sie mir wirklich ihren wertvollsten Besitz geben wollte. Sie hatte dieses Kreuz von ihrer Mutter, kurz vor ihrem Tod, geschenkt bekommen und sie hatte sich nie davon trennen können und plötzlich wollte sie es einfach so mir geben?! Das konnte nicht sein. “Ich kann das nicht annehmen“, versuchte ich ihr deutlich zu machen, aber sie schüttelte nur den Kopf und ich sah, wie ihre Augen feucht wurden und sich allmählich Tränen in ihnen bildeten. “Doch, das kannst du!“, lächelte sie mich an und drückte mir das Kreuz in die Hand, dann schloss sie sie zu einer Faust. “Richie, ich weiß, dass du wahrscheinlich nie so fühlen wirst wie ich, aber seit der ganzen letzten Zeit, die wir zusammen verbracht haben, habe ich einfach gemerkt, dass uns mehr verbindet als nur Freundschaft.“ Sie wurde ernst und ihr Lächeln erblasste. Hatte sie das soeben wirklich gesagt? Ich meine, okay, ja, kann schon sein, dass ich genauso fühle, aber ich wusste es einfach nicht, schließlich hatte ich meine Gefühle, seit ich sie kannste, so gut es ging unterdrückt, was auch bislang nicht schlecht geklappt hatte, aber jetzt wurde ich langsam unsicherer. Vielleicht empfand ich genauso viel wie sie für mich, wollte es allerdings nicht zugeben, das konnte gut möglich sein. Gerade als ich etwas sagen wollte, wurde ich jedoch von einer Stimme gestört, die eindeutig Jay gehörte. “Richie, beeil dich! Wir müssen los!“, rief er mir zu und machte sich bereits mit den anderen auf den Weg zum Flugzeug. Kurz blickte ich ihnen nach, dann schaute ich wieder zu Roxy. Ich nahm ihre Hand und atmete tief durch. Der nächste Schritt, den ich tat, würde ich womöglich bereuen, dennoch war ich mir in meinem ganzen Leben wahrscheinlich nicht so sicher gewesen wie an diesem Tag. “Komm mit mir!“, flüsterte ich und sah sie beinah schon flehend an. Ja, ich wollte, dass sie mit mir nach Berlin kam, aber ob das so einfach sein würde? Ich war mir in diesem Punkt nicht allzu sicher.

Roxy schien nicht zu wissen, was sie darauf sagen sollte, also nahm ich ihr die Entscheidung einfach ab und zog sie hinter mir her, doch schon wenig später hielt sie an. Sie löste sich von mir und ich hörte sie schlucken, dann blickte ich ihr in die Augen. Darin erkannte ich ihre Antwort schon ganz genau. Sie wollte hier nicht weg. Hier war ihr Zuhause, auch wenn sie so gut wie nichts mehr hatte, an dem sie hängen konnte, dennoch wusste ich, dass uns heute die Wege trennen würden. Verständnisvoll nickte ich, als mich Jays Stimme erneut ermahnte. Nun musste ich also gehen, aber nicht ohne mich noch einmal richtig von Roxy verabschiedet zu haben.
Wir beide waren wie erstarrt. Ich wollte unsere Freundschaft nicht gefährden, auch wenn wir womöglich dasselbe füreinander empfanden, aber was würde werden, wenn wir uns eines Tage trennen würden? Würden wir dann immer noch Freunde bleiben? Wohl kaum! So etwas konnte nun einmal nicht gut gehen, aber meine Gefühle zu ihr konnte ich andererseits auch nicht so leicht unterdrücken. Es war eine schwere Entscheidung für mich, dennoch wusste ich genau, was das richtige war. Ich wusste, was ich wollte und das würde ich auch bekommen!

Ich kam Roxy näher und strich ihr mit meinem Daumen sanft über ihre gerötete Wange. In dem fahlen Licht, welches von der Hallendecke drang, sah sie unglaublich süß aus. Noch ein Stück kam ich ihr näher, bis sich unsere Lippen nur noch Millimeter voneinander trennten. Schließlich hatte ich nichts zu verlieren, ich konnte nur gewinnen, also traute ich mich und gab ihr nach kurzem Zögern einen zärtlichen Kuss, dabei schloss ich reflexartig meine Augen. Sie hatte so unglaublich weiche Lippen, solche hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gespürt und es fühlte sich einfach gut an.

Die Jungs waren bereits im Flugzeug verschwunden, als ich mich wieder von ihr löste und leicht lächelte. “Ich liebe dich!“, hauchte ich sanft und verschwand dann auch im Flugzeug, ohne auf eine Antwort von Roxy zu warten. Ich hatte sie einfach so zurückgelassen, aber was hätte ich tun sollen? Etwa dableiben? Nein! Dafür war es zu spät.

Noch Sekunden nach unserem Abschied spürte ich ihren verwirrten Blick in meinem Rücken. Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster und wartete darauf, dass das Flugzeug endlich zum Start ansetzen würde und ich es endlich hinter mich bringen konnte, denn meine Flugangst hatte sich im vergangenen Monat keineswegs verändert geschweige denn verbessert. Leb wohl, mein Schatz, verabschiedete ich mich im Geiste von ihr und spürte ein Kribbeln im Bauch, was mir zu verstehen gab, dass das Flugzeug soeben über die Wolken stieg.

Naomi saß neben mir. Die restliche Woche hatte ich kaum ein Wort mit ihr gewechselt, nur wenn es wirklich nötig war und das war es eigentlich nie.

Ein kurzes Aussetzen der Motoren ließ mich aufschrecken. Verwundert schaute ich mich um. Die Jungs und auch Naomi waren inzwischen eingeschlafen, aber ich wurde das dumme Gefühl einfach nicht los, dass während diesem Flug irgendetwas passieren würde, was keineswegs zum Positiven führen sollte. Was auch immer es sein mochte, ich würde es herausfinden, hoffte ich zumindest, denn ich hatte wirklich keine große Lust die Reise auf dem Meer schwimmend zu beenden.

Ich löste meinen Gurt und war gerade dabei meine Beine zu vertreten, als mich ein heftiger Ruck zurück in den Sitz drückte. Ich wurde nervös und es kam mir so vor, als würde die Luft immer knapper werden. Wenn doch nur diese verdammte Flugangst nicht wäre, dachte ich mir und stieß einen langen Seufzer aus meiner Kehle.

Erneut stand ich auf und schritt mit zittrigen Beinen zum Cockpit. Ob der Pilot mir etwas Auskunft geben konnte? Ich wollte unbedingt wissen, wann wir landen würden, auch wenn wir gerade einmal gestartet waren, aber ich spürte schon jetzt, dass es nicht mehr lange dauern würde bis ich der Toilette einen Besuch abstatten würde.

Langsam öffnete ich die Tür, was nicht sonderlich einfach war, da sie anfangs etwas klemmte. Ich warf einen flüchtigen Blick hinein und schon bei diesem erstarrte ich förmlich. Meine Augen waren weit aufgerissen als ich sah, was sich hier vor mir abspielte. Ich wurde nur bleicher im Gesicht als ich ohnehin schon war.

Der Pilot saß nicht länger am Steuer, sondern lag gefesselt in einer schmutzigen Ecke. Von ihm sah ich nach oben und starrte nun in ein finsteres Gesicht, welches einem wirklich angst bereiten konnte. Ich schluckte, mir war schlecht, noch mehr als vorher schon, dann schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Das Flugezeug war entführt worden.

Fies grinsend sah er mich an. Seine rechte Wange zierte eine lange Narbe. Meine Hände waren verschwitzt und Stück für Stück ging ich langsam zurück. Ich brachte kein Wort über meine Lippen, wusste nur, dass ich etwas unternehmen musste. Die Luft hier drin war unerträglich und stickig. Mir wurde schwarz vor Augen...

Von einem heftigen Rütteln wurde ich geweckt. Verschlafen blickte ich mich um und kurz darauf in Jays braune Augen. Ich saß immer noch im Flugzeug, aber alles war ruhig. Salzige Schweißperlen rannen von meiner Stirn über mein Gesicht und ich atmete erleichtert auf. Es war nur ein Traum!

Ich blickte aus dem Fenster, wo weiße Wolken an uns vorüberzogen, dann schaute ich erneut zu Jay. Ich war wirklich froh darüber, dass er mich in diesem Moment geweckt hatte, denn ich hasste nichts mehr als irgendwelche Alpträume.

Wir kommen gleich in einen heftigen Sturm. Entweder du verschwindest sofort auf Toilette oder schnallst dich an“, meinte er und setzte sich wieder an seinen Platz. Das war ja ganz toll! Warum auch ausgerechnet immer wir?

Zum zweiten Mal, nachdem ich aufgewacht war, schaute ich aus dem Fenster. Jay hatte Recht behalten. Wir flogen in einen heftigen Sturm hinein, es sah gar nicht gut aus. Wie ich so etwas hasste!

Verzweifelt blickte ich in die Runde, als das Flugzeug anfing komische Bewegungen zu machen. Blitzschnell wurde mir speiübel. Ich wollte einfach nur noch hier heraus, nun ja, was sich in knapp siebentausend Meter Höhe als schwer erweisen könnte. Der grelle Blitz und der laute Donner ließen mich schreckhaft zusammenzucken. Ich kuschelte mich in den Sitz hinein und wollte partout an nichts mehr denken, das konnte ich wohl am besten, wenn ich meinen iPod zu Hand nahm und etwas Musik hörte.
Ich fühlte mich, als würde mein Magen zu Zeit Achterbahn fahren. Mir drehte sich alles und ich wollte schreiend irgendwohin rennen, was natürlich nicht möglich war. In dem Moment verfluchte ich meine Flugangst wie noch nie zuvor. Ich rutschte tiefer in meinen Sitz und hielt mit den Magen. Meine Magensäure kam meine Kehle hinaufgeschossen. Ich lehnte meine Stirn an die kalte Fensterscheibe, hielt meine Augen jedoch geschlossen, um mir einen weiteren Tumult zu ersparen. Für einen kurzen Augenblick schaltete sich mein Gehirn automatisch aus, aber das starke Ruckeln der Maschine war immer noch zu spüren und es dachte anscheinend auch nicht daran klein bei zu geben. Ich musste mich einfach zusammenreißen, sicherlich würde dies bald ein Ende finden und wenn nicht, hatte ich zu Not ja noch Jays Tasche, die er mir bestimmt leihen würde, wenn es wirklich zum Ernstfall kommen und ich mich übergeben würde.

Ein besonders heftiger Ruck ließ mich beinah aus meinem Sitz schleudern, obwohl ich angeschnallt war. Hilfe, wollte ich schreien, aber aus mir schoss kein einziges Wort hinaus.

Ich versuchte an etwas tolles zu denken, aber ich schaffte es nicht. Zu sehr hingen meine Gedanken nun an meinem Leben fest, als es plötzlich steil hinabging und ich mich dieses Mal wirklich wie in einer Achterbahn fühlte.

Ich schlug meine Nägel tief in die Sitzlehnen und krallte mich daran fest so stark ich nur konnte, meine Augen hielt ich auch weiterhin geschlossen, doch trotz der Musik, die aus den Kopfhörern an mein Ohr drangen, vernahm ich plötzlich markerschütternde Schreie und mir war klar, dass etwas nicht stimmen konnte.

Mit einem Auge blickte ich umher. Kinder begannen zu weinen und einige Leute waren aufgestanden, rannten geradezu panisch durch den schmalen Gang. Es war das Ende, schoss es mir durch den Kopf.

Das war auch so gut wie mein letzter Gedanke, als ich plötzlich einen harten Aufprall verspürte, wobei mein ganzes Leben wie ein Film durch meinen Kopf schwirrte, dann wurde mir schwarz vor Augen...


Girl I like the way you move

Seen you from across the room

I feel your Body close to mine

The temperature is rising now

Fancy cars and neon Lights

Take us to another height

So how about we spend our lives together


Ich hatte keine Ahnung wie lange ich in dem staubtrockenen Gras gelegen hatte, aber es musste eine Ewigkeit gewesen sein. Ich schmeckte Blut, mein Kopf hämmerte wie verrückt.
Als ich mich aufsetzte und umblickte, bemerkte ich, dass irgendwo im nirgendwo war. Eine dicke Rauchwolke umgab mich und als diese sich allmählich auflöste, erkannte ich das Flugzeug, welches nur noch einen Haufen Schrott darstellte. Wir waren doch tatsächlich abgestürzt und jetzt in irgendeiner Einöde gelandet, aber wo waren die anderen? Wo waren Jay, Chris, Mikel, Izzy und Naomi? Ich musste sie finden und versuchte aufzustehen, vergeblich. Mein Bein schmerzte und in meinem Mund brannte es wie Feuer.

Ein Rascheln, welches hinter mir ertönte, ließ mich aufschrecken und ich wirbelte reflexartig herum. Mein Herz pochte heftig gegen die Brust und drohte wahrscheinlich noch in diesem Moment zu zerspringen. Der ekelhafte Geruch, der in der Luft hing, ließ meine Nackenhaare aufrecht stehen und ich verspürte den dringenden Wunsch nach Wasser, nach viel Wasser!

Ich fuhr mir durch mein zerzaustes und mit Schmutz beklebtes Haar, das Rascheln kam näher. Ich hatte keinen Schimmer davon, wo ich mich derzeit befand und musste gerade deswegen besonders auf der Hut sein. Es kam mir vor wie ein Dschungel und so musste es auch sein.

Immer noch waren meine Augen starr auf das Gebüsch, aus dem das unheimliche Geräusch drang, gerichtet. Ich schluckte und ein großer Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich schickte Stoßgebete in den Himmel und wünschte mir nun nichts mehr, als an einem anderen Ort zu sein, zum Beispiel in meinem Bett. Wenn ich doch nur die Zeit um zwei Jahre zurückdrehen könnte, vielleicht wäre mir das mit der Band auch nie passiert und ich würde jetzt nicht in dieser Scheiße stecken!

Stark umklammerte ich meinen Rosenkranz, sodass meine Fingerknöchel drohend hervorquollen.
Und dann atmete ich erleichtert auf, wobei meine Augen ein kleines Strahlen von sich gaben. “Jay!“, flüsterte ich kaum hörbar in die Dunkelheit hinein. Nur das fahle Licht des Mondes beschien die Stelle, an der wir uns soeben befanden. Er war es tatsächlich, er lebte! Doch wo waren die anderen? Sicherlich würden sie gleich hinter ihm auftauchen, aber nichts tat sich. Er war allein hier! Betrübt sah er mich an, senkte dann den Kopf zu Boden. “Jay? Wo sind die anderen?“, fragte ich vorsichtig nach, da ich Angst vor der Antwort hatte. Er hob die Achseln und seufzte. “Ich weiß es nicht.“ Ein langer Kratzer zierte seine Nase und Blut spritzte aus seiner Lippe heraus. Er sah nicht besser aus als ich.

Erneut blickte ich mich in dieser trostlosen Gegend um. Alles Leben schien hier ausgehaucht zu sein. Ich ließ meinen Kopf zurück in das Gras sinken und schloss meine Augen. Gerade erst dachte ich, ich hätte das Schlimmste bereits hinter mir, aber mir schien es nun doch nicht mehr so. Wir würden hier verhungern und keiner würde je erfahren, was mit uns geschehen war. Sollte das wirklich das Ende sein? Nein, ich wollte das nicht! Ich würde jetzt kämpfen und nicht aufgeben, bis wir gerettet werden, das schwor ich mir.

Ich schaute nach oben zu Jay, der ansetzte etwas zu sagen. “Der Blitz hatte eines der Flügel getroffen, der Pilot hatte keine Chance für eine Notlandung und ich hab keine Ahnung, wo die anderen sind“, berichtete er mir und ich nickte nur verständnisvoll.

Ein weiterer Blick von mir hielt an einer Leiche, die nicht weit entfernt von mir lag. Sie sah wirklich schlimm aus, sie war verstümmelt und ich konnte nicht genau erkennen, um wen es sich dabei handeln mochte. Sie war halb mit Erde bedeckt. Ihr Schädel war geplatzt und das Gehirn quoll nur si heraus. Sie war in Blut getränkt. Eines der Beine lag in unmittelbarer Nähe. Urplötzlich wurde mir schlecht und mein Wunsch stieg noch mehr, diesen widerlichen Ort zu verlassen. Wenn ich doch wenigstens einen Anhaltspunkt dafür hatte, wo wir uns befanden, aber nicht einmal den hatte ich.

Das Gras war hart und trocken. Ich ließ meine Hand über mein Gesicht fahren. Was würde nur das nächste Schicksal werden, welches uns ereilte? Würden wir einen von uns tot wiedersehen? Oder sogar nie mehr?

Diese grausamen Gedanken wollte ich so schnell es ging aus meinem Gedächtnis verbannen, was nicht so einfach war, da es sich schon hineingebrannt hatte. “Oh Herr, gib mir Kraft, diese schlimme Zeit zu durchstehen“, flüsterte ich nur für mich hörbar und faltete meine Hände zu einem Gebet. Ein schlimmes Elend jagte das nächste. Ich wollte endlich wieder der Alte werden, aber unter diesen Umständen würden sich dieser Wunsch und dieses Vorhaben wohl noch um einiges Verzögern.

Ich stützte mich bei Jay ab und sah auf das Meer hinaus, welches sich vor uns erstreckte, wobei ich erst jetzt bemerkte, dass es sich um diesen Ort wohl eher um eine Insel handelte. Eine verlassene Insel, um genau zu sein. Ja, so etwas war schon immer mein Traum gewesen. Eine einsame Insel, welche nur mir und meinem Dreamgirl gehörte. Nun ja, die Insel war da, nur das Dreamgirl fehlte. Vielleicht sollte ich Jay einmal fragen, ob er für sie einspringen konnte.

Bei diesem leicht belustigenden Gedanken, flüchtete ein kleines Lächeln auf meine Lippen, welches jedoch schon bald erstarb, wenn ich wieder an meine Freunde dachte und daran, dass sie womöglich schon längst das Zeitliche gesegnet hatten.
Ich humpelte auf einem Bein, das andere schien gebrochen zu sein, zumindest spürte ich kein Leben mehr in ihm.

Wir liefen langsam los, wie Abenteurer in den offenen Mund des Dschungels. Es war unheimlich, da ich generell etwas Angst vor der Dunkelheit hatte. Da musste ich wohl zugeben, dass ich mir zu oft Horror-Filme ansah.

Um meine Angst zu vertreiben, begann ich zu singen, was ich jedes Mal tat, wenn ich mich fürchtete oder einfach jemanden ärgern wollte. “Baby I like the way you work your Body for me...“ Meine Stimme klang heiser und doch übertönte sie das Heulen, der Eule, welche auf der Suche nach Beute in einem hohen Baum saß.

Kurz sah Jay mich an und stimmte in meinen Gesang ein, bis wir uns dazu entschlossen eine Pause einzulegen.

Wir setzten uns, an einen Baum gelehnt, auf den harten Boden, welcher mit staubiger Erde bedeckt war und schwiegen einander an, bis Jay diese beängstigende Stille zwischen uns brach, worüber ich wirklich froh war, denn sonst herrschte nie so eine lange Schweigeminute in unserer Gruppe, ob wir nun alle beisammen oder nur zu zweit unterwegs waren. “Ich musste gerade an die Zeit denken, in der wir uns kennengelernt hatten“, fing er an zu sprechen und lächelte, dabei zupfte er einige Grashalme ab. Ja, daran erinnerte ich mich auch nur zu gern, musste ich wohl auch nicht mehr wiederholen. “Du warst immer so ein lustiger Kerl“, fügte er hinzu und blickte es nachdenklich drein. Ja, das war ich wohl gewesen, das wusste ich noch genau und es war auch immer meine Art andere zum lachen zu bringen, aber das hatte ich schon ewig nicht mehr getan und ich wusste auch gar nicht mehr, wie sich herzliches Lachen anfühlte. Ich sah ihn von der Seite aus an. “Was hast du gedacht, als du mich das erste Mal gesehen hast?“, fragte ich neugierig und sah ihn erwartungsvoll an. Er erwiderte meinen Blick mit einem Ausdruck, als hätte er bereits gewusst, dass ich diese Frage irgendwann einmal stellen würde. “Nun ja, was soll ich sagen? Du warst mir eigentlich vom ersten Augenblick an sympathisch, du warst echt crazy“, lachte er kurz auf und ich nickte. “Was heißt eigentlich?“, fragte ich weiter und versuchte somit meine Angst zu unterdrücken, was mir auch gut gelang, da ich sie kaum noch in mir spürte. “Eigentlich heißt, dass ich dich schon ziemlich verrückt fand und für einen komischen Kauz hielt.“ Er wuschelte mir durch mein Haar. “Aber du bleibst trotzdem noch mein kleiner Bruder, egal was passiert.“ Über diese Worte war ich auch wirklich froh.

Ich lehnte mich an den Baum und schloss kurz meine Augen, um die kalte Nachtluft auf meinen Wangen zu spüren. “Jay?“, hörte ich mich selber sagen und wartete gespannt auf eine Antwort von ihm, doch es war nur ein kurzes “Hm?“ zu hören. “Wenn ich draufgehen sollte, versprich mir bitte gut auf Roxy aufzupassen“, bittete ich ihn und legte freundschaftlich meinen Kopf auf seine Schulter. Ich sah ihn nicht an, doch an seiner Stimme erkannte ich, dass er ernst dreinsah. “Richie, du wirst nicht sterben. Dafür werde ich schon Sorgen!“, versprach er mir und legte einen Arm um mich, wobei er mir über meinen Arm strich.

Vielleicht hätte man nun gedacht, wir seien ein schwules Pärchen, aber wir wussten es besser. Wir waren in den letzten zwei Jahren zu den besten Freunden geworden und das sollte sich so schnell nicht ändern, auch wenn wir vielleicht nicht immer beisammen sein konnten.

Innerlich hoffte ich stark, dass es den anderen gut ging und damit sollte ich eigentlich auch Recht behalten. Eigentlich!

Zum erneuten Mal in dieser Nacht vernahm ich ein unangenehmes Geräusch, welches nicht weit von uns zu hören war, doch ich achtete schon gar nicht mehr darauf, da ich einfach zu müde war. Was würde passieren, wenn ich Roxy nie wieder sehen würde? Ich hatte ihr nie gesagt, dass ich genau dasselbe für sie empfand wie sie für mich.

Okay, ich hatte sie geküsst, aber das hatte wohl noch lange nichts zu sagen.
Warme Tränen erfüllten meine Augen. Sie brannten bereits. Ich wusste nicht, was als nächstes auf mich zukommen würde, aber mir war klar, dass es nichts gut sein würde. Leicht fing ich an zu zittern, nicht vor Kälte, sondern vor Furcht, die meinen Körper umgab. Ich wollte einfach nur hier heraus, aber ob das möglich war? Ich bezweifelte dies stark. Ich hörte dem Rascheln des Windes in den Blättern zu und wieder einmal war etwas Unheimliches zu vernehmen. Ich sah wirklich schlimm aus, kaum zu beschreiben, auch wenn ich keinen Spiegel zu Hand hatte, spürte ich das und dann nahm ich eine Stimme wahr.

Jay? Richie?“, flüsterte sie und sofort erkannte ich, um wen es sich handelte. Ich öffnete meine Augen und erblickte Mikel und Naomi, die näher auf uns zukamen. Erleichtert atmete ich auf, ihnen ging es gut. Gott sei dank!

Jay stand auf und umarmte Mikel stürmisch. Er schien nicht weniger froh über ihre Anwesenheit zu sein wie ich. Okay, Naomi war mir eigentlich sonst egal gewesen, aber auch ihr hätte ich einen grausamen Tod nicht gewünscht.

Derweil blieb ich am Baum gelehnt sitzen und spürte, wie meine letzten Kraftreserven in mir entschwanden. Mein Bein schmerzte und pochte. Aus einer kleinen Wunde floß Blut, wobei ich keinen kurzen Aufschrei nicht unterdrücken konnte.
Sofort waren alle Blicke auf mich gerichtet. Na toll! Aufmerksamkeit war nun wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte. “Was ist los, Kleiner?“, hörte ich Mikel sagen, jedoch klang es, als wäre er in weiter Ferne. Ich antwortete ihm nicht, sondern spürte einfach den Schweiß über meine Stirn fließen.

Mein ganzer Körper fühlte sich an, als würde er jeden Moment in tausend Stücke gerissen werden. Mir war so elend zumute. Ich bekam kaum noch etwas mit, außer, dass Jay mich auf seine Arme hievte und wir weiter in die Dunkelheit zogen, um wahrscheinlich nach Izzy und Chris zu suchen. Unsere beiden Bandkollegen waren immer noch nicht aufgetaucht und die Hoffnung in mir schwand allmählich, dass es ihnen gut ging.

Izzy? Chris?“, riefen Jay und Mikel wie aus einem Mund immer und immer wieder, aber sie bekamen keine Antwort, außer einem Schluchzen, welches sich deutlich wie das von menschlichem Weinen anhörte. “I-Izzy...“, war das einzige, was ich herausbekam und halb öffnete ich meine Augen. Wahrscheinlich hatten auch Mikel und Jay es gehört, denn nun gingen sie in die Richtung, aus der das Schluchzen zu vernehmen war. Ich wusste, dass es Izzy war, er musste es einfach sein, aber nicht nur ihn fanden wir dort, sondern auch... “Chris“, flüsterte ich, als ich ihn erblickt hatte.

Ich traute meinen Augen nicht und musste glatt zweimal hinsehen, um glauben zu können, dass er dort lag. Izzy war über ihn gebäugt und weinte. Er war tot! Chris hatte es nicht geschafft, schoss es mir urplötzlich in den Sinn. Das konnte nicht sein! Er durfte nicht sterben! Nicht hier! Nicht jetzt!

Meine Kehle wollte schreien, aber ich brachte immer noch nichts heraus, um ehrlich zu sein, konnte ich mich nicht einmal mehr bewegen und es fiel mir immer schwerer meine Augen geöffnet zu halten, selbst weinen war unmöglich, da ich wie ausgetrocknet war.

Auch Jay und Mikel hatten mitbekommen, was sich dort gerade abspielte. Mikel kniete sich zu Izzy, um ihn von Chris wegzuziehen, jedoch vergeblich. Izzy wollte nicht weg. Er weinte nur bitterlich. “Lass mich in Ruhe!“, schrie Izzy und wehrte sich gegen seinen Kumpel. Mikel sah förmlich verzweifelt aus, gab jedoch nicht auf. Auch Naomi half ihm nun und zu zweit hatten sie es nach gut fünf weiteren Minuten auch endlich geschafft. Izzy lag weinend in Naomis Armen, während Mikel Chris’ Leiche aufhob und wir zusammen weitergingen.

Ich konnte einfach nicht glauben, dass mein bester Freund tatsächlich tot war. Ich hatte ihn geliebt wie einen Bruder, ich konnte es einfach nicht glauben. Nicht heute, wo sich alles hätte zum Guten wenden können. Bitte, lieber Gott, lass das alles doch einfach nur ein Traum sein, aus dem ich gleich erwachen würde und in meinem gemütlichen Bett in Berlin liegen würde, aber nichts tat sich. Wie sehr wünschte ich mir, dass bald alles ein Ende finden würde, es war grausam dies zu durchleben und vielleicht hatte Roxy auch Recht gehabt! Vielleicht war der Freitod auch keine Lösung, dennoch wollte ich dies mehr als alles andere.

Wir setzten uns an den Strand, Jay legte mich vorsichtig in den Sand. Es war kühl geworden und trotzdem fühlte ich mich, als würde gleich die Hitze über mir zusammenbrechen. Chris lag in einigen Metern Entfernung von mir. Er war tot! Es gab keinen Zweifel und wirklich nichts hätte ihn wieder ins Leben zurückholen können. Es war Gottes Entscheidung, wann jeder von uns einmal in sein Reich aufsteigen sollte und für Chris war dieser Tag heute gekommen.

Es war nicht fair! Warum gerade er und nicht ich? Schließlich war derjenige, der sich den Tod gewünscht hatte, aber für mich würde das Leben anscheinend weitergehen, ob ich wollte oder nicht. An Selbstmord dachte ich schon lange nicht mehr, da ich davon sowieso nur wieder abgehalten werden würde.

Eine laute Frauenstimme ertönte und holte mich somit aus meinen Gedanken. Ich blickte zum Flugzeug und wie es aussah, war keiner außer uns mehr am Leben. Es war ein Radio, welches sich gemeldet hatte. Ich lauschte, auch wenn ich wohl im Moment besseres zu tun hatte.

Flugzeugabsturz im Nirgendwo!“, sprach sie. “Wie uns soeben berichtet wurde, gab es einen schlimmen Flugzeugabsturz und keiner weiß, wo dieses gelandet ist. Offenbar gibt es keine Überlebenden! Unter den Toten gehört wahrscheinlich ebenso die beliebte Boygroup US 5, die gerade wieder von Chicago nach Berlin fliegen wollte. Wir haben bereits Suchtrupps losgeschickt und wenn es etwas Neues gibt, halten wir Sie natürlich auf dem Laufenden!“

Na toll! Das sprach sich wirklich wie ein Lauffeuer in der Welt herum! Seufzend starrte ich in den Himmel und verschränkte meine Arme auf dem Bauch. Irgendwie musste es doch eine Möglichkeit geben, hier herauszukommen, das Problem war nur, dass ich bislang noch keine sah, bis es plötzlich am Himmel laut wurde. Aufmerksam schaute ich nach oben, aber ich konnte so gut wie nichts erkennen, was womöglich an den dichten Wolken lag.

Leicht kniff ich meine Augen zusammen, um besser sehen zu können, da die Sonne, die langsam am Horizont aufstieg, mich blendete, doch nach einiger Zeit erkannte ich endlich, was sich dort oben abspielte und mir schoss nur ein Wort durch den Kopf: Suchtrupps!
Trotz meiner Schmerzen, die ich immer noch in meinem Bein verspürte, sprang ich auf und schwenkte die Arme zum Himmel. Sie mussten mich einfach sehen! Es ging nicht anders.

Ich spürte die verdutzten Blicke der anderen auf mir ruhen, aber als auch sie bemerkt hatten, was Sache war, taten sie es mir gleich. Das war vielleicht unsere Rettung! Hoffte ich zumindest!

Aber jede Hoffnung ging verloren, als der Hubschrauber umkehrte. Na toll! Jede Anstrengung schien umsonst gewesen zu sein.

Ich ließ mich betrübt wieder in den kornigen Sand fallen und vergrub mein Gesicht in den Händen. Wir würden hier jämmerlich verfaulen, ohne dass je jemand herausfinden würde, was aus uns geworden war.

Ich legte mich auf den Rücken und wollte partout weder etwas hören noch etwas sehen. Ich versuchte zu schlafen, was zwar einige Zeit gedauert hatte, mich aber dann doch die Müdigkeit überkam und ich vor Erschöpfung einschlief.


Girl we’re getting closer now

Don’t be shy, Just let it out

I’ll take you on a magic ride

Into a world of Ecstasy

We can do it every night

Feel your Body hot like fire

Girl your wish is my desire

So tell me what you like

And I’ll be there, I’ll be there


Erst die heiße Mittagssonne, die bereits hoch am Himmel stand, weckte mich aus einem meiner wiederkehrenden Alpträume, in dem Roxy ebenfalls eine Rolle spielte. Ich musste kurz blinzeln und schreckte dann auf, als ich niemanden mehr in meiner Nähe sah. Ich saß aufrecht und die Flut hatte mich beinah schon erreicht. Wo waren nur alle hin? Ich hatte gesagt, ich wollte nichts hören oder sehen, aber so wortwörtlich hatte ich dies auch nicht gemeint. Meine Haare waren von Sand getränkt und mein Mund war wie ausgetrocknet. Ich fühlte mich so dreckig. Es hämmerte in meinem Kopf und dieses wurde noch schmerzhafter, als es plötzlich laut wurde. Konnte man denn nicht einmal hier seine Ruhe haben? Diese Laute machten mich wahnsinnig und ich fühlte mich wie in der Hölle, doch als ich genauer hinhörte, erkannte ich, welches Geräusch mir soeben den letzten Nerv geraubt hatte. Es war erneut ein Hubschrauber! Ich blickte nach oben und reagierte reflexartig.

Anstatt dieses Mal mit einen Armen in der Luft zu fuchteln, schrieb ich schnell mit meinem Fuß das Wort HILFE groß in den Sand. Das mussten sie einfach sehen! Es musste für uns oder für mich oder wie auch immer eine Rettung geben. So wollte ich einfach nicht enden, noch nicht.

Sie hingen still in der Luft und es schien mir so, als würde der Hubschrauber nach unten sinken, aber das bildete ich mir mit Sicherheit nur ein. Um ehrlich zu sein, hatte ich jeden Glauben, der noch in mir gesteckt hatte, aufgegeben, also war ich mir ebenfalls sicher, dass wir diese Insel nicht lebend verlassen würden.

Aber da irrte ich mich. Ich war vielleicht kurzsichtig, doch als ich genauer hinsah, merkte ich, dass es keine Fata Morgana war, die sich da vor mir erstreckte, als der Hubschrauber Sand aufwedelnd vor mir zum halten kam. Mit meinen Händen rieb ich mir über die Augen, um sicher zu gehen, dass dies wirklich gerade passiert war. Ja, sie waren hier! Ich wollte Luftsprünge machen, wurde jedoch von meinem Bein daran gehindert.

Zwei Leute stiegen aus und kamen auf mich zu. Mein Herz klopfte heftig vor Aufregung und mir schoss nur ein Gedanke durch den Kopf: Das war unsere Rettung! Wir würden hier endlich herauskommen!

Es schien wieder bergauf zu gehen, wenn ich doch nur wusste, wo die anderen waren. Ich sah mich um und erblickte erst jetzt Chris’ Leiche im Sand. Es war ein schlimmer Anblick. Ich hatte meinen besten Freund verloren und konnte es nicht einmal verhindern.
“Mr. Stringini?“, hörte ich eine männliche Stimme neben mir und ich drehte den Kopf zu einem stattlich gebauten Mann, neben ihm stand offenbar sein Kollege, der etwas rundlicher war. Sie machten einen netten Eindruck. Ich zwang mich zu einem Lächeln und nickte.

Sie erklärten mir, dass sie schon überall nach Überlebenden gesucht hatten und froh waren, hier jemanden zu finden. Sie würden uns nach Hause bringen, sofern die anderen endlich wieder auftauchen würden, aber ich sah im Moment kein Lebenszeichen von ihnen, was mir allmählich Sorgen bereitete. Ob ihnen womöglich etwas passiert war? Heftig schüttelte ich den Kopf, um diesen Gedanken schnell zu verbannen, das konnte ich mir unmöglich vorstellen. Sie würden sicher jeden Moment wiederkommen.

Aber das taten sie nicht. Die Sonne senkte sich langsam und spiegelte sich im salzigen Meer. Ich saß im Sand und zeichnete mit meinem Finger etwas hinein, dabei sah ich hin und wieder auf meine Uhr. Es wurde später und später. Kein Lebenszeichen von ihnen war weder zu sehen noch zu hören. Meine Sorge stieg von Sekunde zu Sekunde und mein Blick schweifte bereits jede zweite Minute zum Hubschrauber. Die beiden Männer schienen ungeduldig zu werden, wobei es mir nicht anders ging.

Und dann, als die Sterne schon längst am Firmament standen, hörte ich etwas aus dem Dschungel dringen. Blitzartig drehte ich mich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war und tatsächlich! Sie waren da! Ich sprang auf, mein Bein tat nun weniger weh, da es endlich einmal richtig verarztet wurde. Es hatte nicht viel gefehlt und ich hätte es verloren, meinte man zu mir.

Die drei Jungs inklusive Naomi blieben wie angewurzelt stehen und schauten gebannt auf den Hubschrauber, offenbar konnten sie nicht ganz glauben, dass dieser dort wirklich stand.

Es dauerte noch einige Minuten, bis sie mir endlich abnahmen, dass das keine Einbildung war, als wir auch schon darin saßen und nun auf dem Weg nach Hause waren, heute würde ich wieder in meinem Bett liegen.


Wenige Tage später hatten wir alles hinter uns gelassen. Nun ja, fast, denn Chris’ Beerdigung stand noch aus und dieser Tag würde wohl eine der Schwersten in meinem Leben werden.

Ich stand soeben am Flughafen und wartete auf einen Flug, der aus Chicago kommen sollte, da Roxy sich nun doch dazu entschieden hatte nach Berlin zu kommen. Ich wusste, dass es jetzt endlich wieder bergauf gehen würde.

Ich warf einen kurzen Blick auf die Anzeigetafel und der Flug müsste Punkt 18.00 Uhr landen, nun war es bereits 18.01 Uhr und es war noch keine Spur von ihr, das erinnerte mich wieder an unseren Absturz. Wir hätten auch nie zurückkommen können, wären unsere beiden Retter nicht gewesen. Wir waren die einzigen, die überlebt hatten, nach genauerem Suchen hatten sie noch dreiunddreißig weitere Opfer gefunden, was mich sehr mitgenommen hatte, auch wenn ich diese Leute nicht gekannt hatte, doch niemand hatte es verdient wegen so etwas zu sterben.

Ich trug einen angemessenen schwarzen Anzug, den mir meine Mom zurechtgelegt hatte. Wenn ich Roxy abgeholt hatte, sollte es sogleich zur Kirche gehen und dieses Mal würde ich nicht einfach davonlaufen, das war ich Chris schuldig.

Nach gut weiteren zehn Minuten sah ich Roxy auch schon von weitem mit voll beladenem Gepäck auf mich zukommen. Ich lächelte ihr entgegen und sie ließ erst einmal ihre Koffer sinken, dann sprang sie mir in die Arme. Es waren zwar nur wenige Tage gewesen, in denen wir getrennt waren, doch mir kam es bereits vor wie eine Ewigkeit, ich wollte sie gar nicht mehr loslassen und erst recht nicht mehr gehen lassen.
In der kurzen Zeit, in der wir uns kannten, hatte ich sie so in mein Herz geschlossen. Sie hatte mein Leben verändert, zum Positiven, wie ich mit Freuden feststellen konnte.
Ich betrachtete sie genauer und mir fiel auf, dass sie abgenommen hatte, was mir Sorgen ins Gesicht zeichnete, aber wahrscheinlich bildete ich mir das auch nur wieder einmal ein, denn in letzter Zeit hatte ich wenig Schlaf bekommen und das konnte eine Ursache für meine ständig wiederholenden Einbildungen sein.

Ich nahm aus Höflichkeit ihre Koffer und zusammen trotteten wir zu meinem Range Rover, dort verstaute ich das Gepäck erst einmal im Kofferraum und stieg dann ein, nachdem ich Roxy noch die Tür geöffnet hatte.

Während der ganzen Fahrt herrschte Stille zwischen uns und so wie es aussah, wollte diese auch keiner unterbrechen.

Mein Fenster hatte ich halb heruntergedreht, die Luft tat gut, sie verwehte leicht meine verlängerten, mit schwarzen Strähnen gefärbten, Haare. Ich wurde nervös und war mir nun doch ziemlich unsicher, ob ich mich dort blicken lassen sollte, aber das konnte ich Chris nicht antun. Ich dachte, meine Hände seien am Lenkrad festgeklebt, was sie allerdings zu meinem Bedauern nicht waren.

Wir fuhren und fuhren die lange Straße entlang, die einfach kein Ende zu nehmen schien, doch irgendwann einmal kamen wir dann noch an.

Es waren schon ziemlich viele Leute da und ich erinnerte mich an Chris’ letzten Wunsch...

//Flashback//

Chris und ich saßen gerade im Wohnzimmer und sahen uns einen Horrorfilm an, worüber Chris wieder einmal nicht erfreut war, aber für mich machte er da auch mal eine Ausnahme. Ich hatte meinen Kopf auf seine Schulter gelegt, keiner von den anderen Jungs war Zuhause. Chris hatte einen Arm um mich gelegt. Bislang hatte ich immer wieder verschwiegen, dass wir einst ein Paar waren. Ja, Tatsache! Es hatte nicht für lange gehalten, da uns die Band letztlich wichtiger war, doch wir hatten geschworen für immer beste Freunde zu bleiben. Ich hatte nie jemanden so sehr geliebt wie ihn und vielleicht war es immer noch, aber ich versuchte mein Leben wieder normal unter Kontrolle zu bekommen, denn ich war definitiv nicht schwul.

Richie?“, flüsterte er und strich mir sanft über meinen Arm. Ich gab keine Regung von mir, dennoch wusste er genau, dass ich ihm aufmerksam zuhörte. “Wenn ich einmal sterben sollte, versprich mir bitte nie jemanden mehr zu lieben als mich!“


//Flashback End//


Das war sein Wunsch an mich gewesen und seitdem hatte ich wirklich nie jemanden mehr als ihn geliebt, nicht einmal Naomi.

Die Messe hatte ich gut überstanden, obwohl mir einige Tränen über die Wangen kullerten, dann ging es zum Friedhof. Mir war klar, dass ich dies wohl weniger gut überstehen würde. Ich wollte meinen besten Freund, meine große Liebe, nicht einfach so gehen lassen. Es war nicht fair!

Ich stand neben Roxy und versuchte mich zu beherrschen, in dem ich einfach wie gebannt ins Leere starrte, dem Priester hörte ich schon gar nicht mehr richtig zu. Ich blickte einfach zum Grabstein, der eine kaum leserliche Schrift enthielt, dennoch wusste ich genau, was dort stand:

“Christoph Watrin, 07.08.1988-20.05.2007! Und immer sind irgendwo Spuren deines Lebens: Gedanken, Bilder, Augenblicke und Gefühle. Sie werden uns immer an dich erinnern und dich dadurch nie vergessen lassen.“

Tell me what you wanna do

Girl I’m waiting for sign

There’s a feeling in the air

And I like it

It’s a physical Attraction

Got to make it understood

Call a friend or two

For a rendezvous

We can Party all night long

 

 
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